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Keine Chance für Schmutz und Mikroorganismen

Hygienische Gestaltung von Anlagen und Prozessen
Keine Chance für Schmutz und Mikroorganismen

Oberstes Gebot der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sind sichere und hygienische Produktionsprozesse. Denn die Gesundheit der Verbraucher soll durch Lebensmittel und Getränke nicht gefährdet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Maschinen und Produktionsabläufe nach Hygienestandards ausgelegt sein. Zudem hat die Branche erkannt, dass diese Maßnahmen auch zur Optimierung und Wirtschaftlichkeit ihrer Prozesse beitragen. Kurzum: Hygienic Design ist ein die Branche beherrschendes Thema, dem sich auch die Aussteller auf der Anuga FoodTec 2009 stellen müssen.

Sabine Koll

Verständlicherweise will der Konsument weder schädliche Mikroorganismen noch Reinigungsmittel oder Maschinenschmierstoffe in seinem Brötchen, Jogurt oder Fleisch haben. Vor allem Mikroorganismen können die Lebensmittel verderben und sogar Krankheiten auslösen. Dafür, dass die Produkte die Gesundheit der Verbraucher nicht gefährden, muss die Lebensmittelindustrie Sorge tragen, indem sie möglichst hygienisch produziert. Aber: „Eine 100%ige Sicherheit gibt es allerdings nicht“, stellt Professor Dr. Herbert J. Buckenhüskes, Fachgebietsleiter Lebensmitteltechnologie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), klar. „Das zeigen alle praktischen Erfahrungen. Außerdem ist die Lebensmittelproduktion zu komplex.“
Bereits seit Langem kümmern sich Lebensmittelhersteller und Maschinenbauer gemeinsam um die Entwicklung von Maschinen, die die umfangreichen Hygieneanforderungen erfüllen. Dazu gehören gute Reinigbarkeit ebenso wie die Vermeidung von Toträumen, also von nicht einsehbaren Ecken, in denen sich Lebensmittelreste und Bakterien ansammeln können. Die Wahl der richtigen Werkstoffe, mit denen die Lebensmittel in der Maschine in direkten Kontakt kommen, ist dabei ebenso wichtig wie die der verwendeten Schmiermittel, die auf alle Fälle lebensmitteltauglich sein müssen. „Diese Punkte werden heute alle berücksichtigt. Dennoch bergen einzelne kritische Baugruppen in Anlagen und Prozessen immer noch großes Optimierungspotenzial“, sagt der DLG-Experte. Dies verbessere nicht nur die hygienischen Bedingungen, sondern in der Regel auch die Wirtschaftlichkeit der Produktion. Möglich werden die Optimierungen vor allem durch Fortschritte in Analytik und Verfahrenstechnik sowie durch die Möglichkeit, Prozesse am Computer zu simulieren. Wissenschaftler untersuchen verstärkt die Hintergründe, wie und warum Partikel an der Oberfläche haften und damit zum Problem werden, und welche Kräfte dabei wirken.
Auch Edelstahl lässt sich noch optimieren
So gilt Edelstahl zwar als das hygienische Material schlechthin für die Lebensmittelindustrie. Doch auch dieser rostet unter bestimmten Bedingungen, etwa verursacht durch Chloride im Betriebswasser, durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel oder aber durch säurehaltige Lebensmittel. Durch das Rosten wiederum lässt sich das Material schlechter reinigen. Mehr noch: Es kann die Lebensmittel durch schädliche Stoffe verunreinigen. Zur Lösung dieses Problems reicht der Einsatz hochfester Edelstahllegierungen alleine mitunter nicht aus. Daher wird die Metalloberfläche behandelt, beispielsweise durch Elektropolieren, einem elektrochemischen Verfahren. Dies verringert die Rauheit der Oberfläche, sodass sie weniger Angriffsflächen bietet. Zudem wird sie dadurch öl- und fettfrei. Professor Dr. Buckenhüskes: „Dabei handelt es sich um eine teure Maßnahme, die in der Pharma- und Biotechnologiebranche aber längst üblich ist, um die hohen Qualitätsanforderungen zu erfüllen.“ Doch auch in der Lebensmittelindustrie gehe der Trend eindeutig in Richtung noch höhere Sicherheit. Der DLG-Experte: „Kein Hersteller kann sich schließlich bei einem europa- oder weltweit vertriebenen Produkt eine Rückrufaktion leisten.“ Auch die Behandlung, Vergütung und Strukturierung der Oberflächen mithilfe der Nanotechnologie sieht er als interessante Entwicklung. Bei Glas funktioniert dies bereits sehr gut – bekannt ist beispielsweise der Lotuseffekt bei Duschtrennwänden. Bei Edelstahl ist die Entwicklung bislang jedoch noch nicht so weit.
Hygienesensoren erfassen den Reinigungsbedarf
„Durch solche hygieneverbessernde Maßnahmen verringern sich der Zeitaufwand und der Einsatz von Chemikalien bei der Reinigung von Maschinen erheblich. Das birgt für die Lebensmittelhersteller ein erhebliches Potenzial zur Kostensenkung, sodass sie die Grundsätze des Hygienic Designs kostenneutral oder sogar gewinnbringend umsetzen können“, weiß Professor Dr. Buckenhüskes. Kein Wunder: Bis zu 40 % der Umrüstzeiten in der Lebensmittelindustrie gehen auf das Konto von Reinigungsprozessen. Um diese weiter zu automatisieren und zu optimieren, arbeitet die Industrie an der Entwicklung spezieller Hygienesensoren. Diese sollen den Reinigungsbedarf erheben und eventuelle Rückstände von Reinigungsmitteln aufdecken. Auch bei der Gestaltung der Reinigungsmittel bedient man sich neuer Methoden: Die alte Regel „Viel hilft viel“ hat längst keine Gültigkeit mehr, in Einzelfällen hat sie sich sogar als kontraproduktiv erwiesen. Heute weiß man, dass das Zusammenspiel aus der richtigen Auswahl von Reinigungsmitteln und -verfahren sowie den verwendeten Werkstoffen entscheidend ist.
Die Optimierung der Reinigungsprozesse stößt auch deshalb auf großes Interesse der Lebensmittelhersteller, da viele Menschen unter Allergien leiden. Als Problem stellen sich dabei Rückstände, das heißt Allergene in Lebensmitteln heraus, die aus vorherigen Produktionen stammen. Solche Kreuzkontaminationen gilt es zu vermeiden. Deshalb werden in kritischen Bereichen wie etwa bei glutenfreien Nahrungsmitteln Maschinen und Anlagen zum Teil nur zu einem Zweck genutzt. „Das aber rechnet sich für die Lebensmittelhersteller auf Dauer meist nicht“, so der DLG-Experte. Doch nicht nur die Kernmaschinen unterliegen bei der Lebensmittelproduktion hygienischen Anforderungen, sondern im Grunde die gesamte Prozesskette. Das betrifft Verpackungsmaschinen ebenso wie Bänder, auf denen Lebensmittel offen transportiert werden, oder Automatisierungseinheiten. Das hygienisch einwandfreie Abfüllen und Verpacken ist vor allem dann wichtig, wenn die Lebensmittel danach nicht mehr zur Haltbarmachung erhitzt werden. Dies ist der Fall bei modernen und stark nachgefragten Lebensmitteln wie Chilled Food, also frischen Lebensmitteln aus der Kühltheke. Auch viele Anlageneinheiten, die dicht neben dem Produktionsprozess angebracht sind, wie die Antriebstechnik von Förderanlagen, werden heute nach den Kriterien des Hygienic Designs konstruiert. Damit will man das Risiko einer Kreuzkontamination durch verwirbelte Luft und die Ansammlung von Schmutz verhindern. Noch gibt es nicht für alles Lösungen: So sind die Bereiche an Produktionsanlagen, an denen elektrische und pneumatische Leitungen verlegt sind, nach wie vor als kritisch zu betrachten.
Risikofaktor Mensch fördert Automatisierung
Und auch der Mensch bleibt ein kritischer Faktor im Lebensmittelproduktionsprozess. Der Gesetzgeber hat zwar viele Vorschriften erlassen und verlangt, dass die Mitarbeiter der Branche stetig geschult werden. „Aber die Vorgesetzten können nicht immer daneben stehen und schauen, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden“, erklärt Professor Dr. Buckenhüskes. „Die Mitarbeiter sind nun einmal nicht so gut in den Griff zu bekommen wie Maschinen.“ Daher verstärkt das Thema Hygiene auch den Trend zu einem hohen Automatisierungsgrad in der Lebensmittelindustrie. Insbesondere bedient man sich zunehmend Robotern. Sie springen dort in die Bresche, wo Maschinen bislang Probleme hatten, nämlich bei Produkten unterschiedlicher Größe, Form und Konsistenz. Deshalb gibt es bei der Produktion von Fleisch- und Fischwaren noch viele menschliche Handgriffe, während die Herstellung von Brot und Brötchen schon weitestgehend automatisiert abläuft. Doch die Entwicklung geht weiter: Roboter stapeln mittlerweile Würstchen in Kunststoffverpackungen und Maschinen schicken sich an, das aufwendige Krabbenpulen zu übernehmen. „Doch es bleiben immer noch viele Abläufe in der Lebensmittelbranche“, resümiert Professor Dr. Buckenhüskes, „die bisher nur manuell durchgeführt werden können. Ich denke da nur an das Drehen und Zusammenstecken von Rollmöpsen.“
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