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Pharmadistribution in Afrika

So nutzen Hersteller ihre Chancen
Pharmadistribution in Afrika

Wollen Pharmakonzerne erfolgreich auf einem der weltweit größten Wachstumsmärkte agieren, empfiehlt es sich die individuellen Marktpotenziale präzise zu analysieren, die verschiedenen Distributionsoptionen zu bewerten und den richtige Konzeptmix abzuleiten. Ergebnis sollte eine klare Strategie für die Pharmadistribution mit zeitlichen Entwicklungsschritten sein. Denn die Hindernisse auf dem Weg der Medikamente zum Patienten sind riesengroß.

Mit einem prognostizierten jährlichen Wachstum von 10,6 % bis 2020 gilt der afrikanische Pharmamarkt aktuell als einer der attraktivsten Wachstumsmärkte für Pharma-unternehmen. Zahlreiche staatlich wie privat geförderte Projekte zur Verbesserung des afrikanischen Gesundheitssystems und ein erwartetes Volumen von 31 Mrd. US-Dollar an Healthcare-Ausgaben allein in diesem Jahr bieten ausländischen Investoren enorme Potenziale. Die schwierige Distribution von medizinischen Produkten bis hin zum Patienten stellt jedoch nach wie vor eines der größten Hindernisse dar, um in Afrika erfolgreich Geschäfte zu machen. Mangelnde Sicherheit, instabile politische Verhältnisse und die Tatsache, dass bis zu 30 % der verkauften Medikamente Fälschungen sind, zählen zu den größten Problemen. Darüber hinaus gibt es kaum eine ausreichend ausgebaute Infrastruktur und die Möglichkeit, pharmazeutische Produkte in einer kontrollierten Umgebung und innerhalb der erforderlichen Temperaturspannen zu transportieren. Da die Distribution vor Ort meist über Distributoren und verschiedene Subunternehmer erfolgt, fehlt Pharmaunternehmen häufig die Transparenz über die tatsächlichen Prozesse und Marktmechanismen. In vor-Ort-Analysen im Rahmen von Kundenprojekten hat der Beratungsspezialist Camelot Management Consultants Fälle vorgefunden, in denen Medikamentenpreise durch Aufschläge der verschiedenen Parteien auf Patientenebene 70 bis 200 % über dem ursprünglichen Herstellerverkaufspreis lagen. Aber wie können Pharmaunternehmen dennoch erfolgreich im afrikanischen Markt operieren?

Heterogenität berücksichtigen

Wer den Sprung in den afrikanischen Pharma-Markt plant, muss zunächst verstehen, dass er es mit 54 Einzelmärkten zu tun hat, die sich in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, Importregelungen, Geschäftsethiken, Sprache, Transportverbindungen und Handelsblöcken teils stark voneinander unterscheiden. Für den Aufbau einer erfolgreichen und nachhaltigen Geschäftstätigkeit gilt es die variierenden Eigenschaften und Schlüsselmerkmale der verschiedenen Länder zu analysieren und in der Distributionsstrategie zu berücksichtigen. Abhängig von der jeweiligen Produkt-, Markt- und Umsatzpotenzialsituation sollten die verschiedenen Märkte zunächst priorisiert werden. Anschließend kann für jeden der priorisierten Märkte eine klare Roadmap mit spezifischen Distributionslösungen und zeitlichen Entwicklungsschritten entworfen werden.

Optionen für die Distribution nach Afrika

Internationale Pharmaunternehmen, die bereits in Afrika aktiv sind, nutzen derzeit überwiegend eine direkte Distribution von den Produktionswerken an die selektierten Distributoren in den einzelnen Ländern. Dies hat allerdings den Nachteil, dass die Vorlaufzeiten von der Bestellung bis Lieferung zum Kunden sehr lang sind und damit auch die Flexibilität verloren geht, schnell auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Die Bedarfsmengen für die einzelnen Länder lassen sich auf Grund des Wachstums und lokaler Gegebenheiten wie beispielsweise Währungsthemen auch nur sehr schwer vorhersagen und schwanken signifikant. Das Modell der direkten Distribution kann allerdings Sinn machen zum Beispiel ganz gezielt für kritische Märkte oder für Tender Business in einzelnen Märkten.

Als Alternative zu diesem Modell setzen Pharmahersteller vermehrt auf zwischengeschaltete zentrale Distributionslager. Damit sollen einerseits größere Flexibilität erzielt und andererseits die Lieferprozesse durch Lieferung in die einzelnen afrikanischen Länder ab nur einem Standort vereinfacht werden. Mit Lieferung ab Lager lassen sich die Vorlaufzeiten für die Belieferung reduzieren. Darüber hinaus gleicht ein zentraler Lagerbestand die Volatilität der verschiedenen Märkte besser aus.

Mit dem sogenannten Postponement-Konzept, also eine Anpassung der Produktverpackung an landesspezifische Anforderungen erst im Distributionszentrum, lässt sich der Gemeinsamkeitsgrad der Produkte im Lager noch weiter erhöhen, falls unterschiedliche Landesverpackungen verwendet werden müssen. Es überrascht daher nicht, dass Postponement in den letzten Jahren an Bedeutung und Verbreitung gewonnen hat. Weitere Einsparpotenziale sind bei diesem Modell möglich, wenn Transporte in und aus dem Verteilzentrum stärker gebündelt werden können und anstatt Luftfracht zum Beispiel auch die günstigere Seefracht genutzt werden kann.

Aufgrund des hohen Risikos von Investitionen in Afrika sowie den sich rasch ändernden lokalen Regularien werden für die zwischengelagerten Distributionszentren häufig Standorte außerhalb von Afrika gewählt.

Lokale Distributionskonzepte entstehen

In einem kürzlich durchgeführten Pharmalogistikprojekt in Afrika, das den Besuch von zahlreichen Logistikdienstleistern und Distributoren in über einem Dutzend afrikanischer Länder beinhaltete, konnten sich die Camelot-Berater vor Ort davon überzeugen, dass sich Afrika in den letzten Jahren massiv entwickelt hat. Insbesondere in größeren Städten sind mittlerweile oft sehr gute Logistikinfrastrukturen mit hohen Qualitätsstandards für die Pharmadistribution anzutreffen. Die Feinverteilung der Produkte (secondary distribution) innerhalb der Länder ist allerdings nach wie vor optimierungsbedürftig.

Während in der Vergangenheit Landtransporte zwischen den verschiedenen Ländern sehr unsicher waren, sind in den letzten Jahren zahlreiche sichere Transportkorridore innerhalb des Kontinents entstanden. Das wiederum ermöglicht ein drittes Distributionsmodell: lokale Verteilzentren in politisch und wirtschaftlich stabilen afrikanischen Ländern. So haben sich zum Beispiel Ghana, Kenia oder Südafrika in jüngster Zeit zunehmend als regionale Hubs etabliert. Durch die Nähe zu den Kunden ermöglichen sie Pharmaunternehmen eine größere Flexibilität und Agilität, als es die direkte Distribution oder europäische Distributionszentren erlauben. Die Reaktionsfähigkeit kann durch Logistik-Mehrwert-Dienstleistungen (Postponement oder Redressing) ebenfalls weiter erhöht werden.

Zusätzliche Potenziale ergeben sich durch die Bündelung von Volumina mit Nicht-Wettbewerbern wie beispielsweise Herstellern von gekühlten verpackten Konsumgütern. Denn aufgrund der fragmentierten Natur des afrikanischen Marktes und den Schwierigkeiten, die sich durch unterschiedliche gesetzliche Regelungen ergeben, tun sich Einzelunternehmen schwer, eine effiziente Last-Mile-Distribution sicherzustellen. Partnerschaften mit lokalen öffentlichen Institutionen wiederum erlauben konstruktive Verhandlungen bezüglich Ausschreibungen, Unterstützung bei Produkt-Promotion und Trainings sowie den Zugang zu besseren Marktinformationen. Auch Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) können wertvolle Partner sein, indem sie u.a. den Kontakt zu den diversen Stakeholdern in der Pharma Supply Chain ermöglichen und den Zugang zu ländlichen Regionen mit einer großen Zahl an Patienten öffnen.

Checkliste auf dem Weg nach Afrika

Wollen Pharmakonzerne erfolgreich auf einem der weltweit größten Wachstumsmärkte agieren, empfiehlt es sich in einem ersten Schritt die individuellen Marktpotenziale basierend auf dem eigenen Produktportfolio und dem bestehenden Distributions-Netzwerk zu analysieren. Im zweiten Schritt sollten durch klare Priorisierung die verschiedenen Distributionsoptionen bewertet und der richtige Konzeptmix abgeleitet werden. Auch lässt sich daraus eine klare Strategie mit zeitlichen Entwicklungsschritten definieren. Im abschließenden dritten Schritt gilt es, die neuen Netzwerke und eigene Organisationen aufzubauen und die richtigen Partner für die Umsetzung des Distributionsnetzwerkes auszuwählen.

Eine effiziente, gut geplante Distribution führt zu niedrigeren Kosten für die Patienten, dadurch zu höheren Verkaufsvolumina, besserer Datenqualität und Planbarkeit und somit letztendlich zu profitableren Geschäftsmöglichkeiten.

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Andreas Gmür

Partner,
Camelot Management Consultants

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