Startseite » Food » Food Design »

Färberdistel trifft Spirulina

Färbende Lebensmittel und Farben aus natürlichen Quellen
Färberdistel trifft Spirulina

„Das Leben ist bunt“, sagt Silke Ortmann. Sie ist Produktmanagerin Farben bei Wild Flavors & Specialty Ingredients. Im Gespräch mit dei stellt sie die unterschiedlichsten Farblösungen vor, die der Geschäftsbereich von ADM für fast alle Bereiche der Lebensmittel- und Getränkeindustrie bereithält.

dei: Frau Ortmann, das Farbenkompetenzzentrum von Wild Flavors & Specialty Ingredients liegt in Berlin-Spandau. Welche Punkte prädestinieren den Standort für diese Aufgabe?

Silke Ortmann: Zum einen befinden sich in Berlin die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, die auf dem Gebiet der Farben arbeiten. Zum anderen gibt es dort die entsprechenden Produktionsanlagen.
dei: Welche sind das?
Ortmann: Um in der Reihenfolge der Prozessschritte bei der Farbenproduktion zu bleiben, beginne ich mit Anlagen für die wässrige und ethanolische Extraktion der Rohstoffe. Dann folgen Systeme zur Fest-Flüssig-Trennung, Technologien für die selektive An- und Abreicherung von Pigmenten, Emulgieranlagen sowie Systeme zur Standardisierung der Farben je nach Rohstoff und Formulierung und die entsprechenden Abfüll- und Verpackungseinrichtungen.
dei: Seit dem 1. Januar 2014 gilt die neue EU-Richtlinie zur Klassifizierung von Lebensmittelextrakten mit färbenden Eigenschaften. Gemäß dieser Guidance Notes stellt Wild Flavors & Specialty Ingredients sowohl Farben aus natürlichen Quellen als auch färbende Lebensmittel her. Welche Gemeinsamkeiten teilen beide Produktgruppen?
Ortmann: Die Gemeinsamkeit zwischen beiden Farbgruppen ist, dass man bei ihrer Herstellung natürliche Rohstoffquellen verwendet. Als Beispiel möchte ich den roten Rettich nennen. Aus ihm kann man sowohl ein rotfärbendes Lebensmittel als auch Rot aus natürlicher Quelle – nämlich Anthocyan E 163 – herstellen.
dei: Und wie unterscheiden sich beide Farbgruppen?
Ortmann: Aus der Perspektive der Deklaration gelten färbende Lebensmittel als Zutat. Sie müssen also nicht als Farbstoff gekennzeichnet werden. Im Unterschied dazu sind Farben aus natürlichen Quellen auf dem Etikett eindeutig als Farbstoff mit E-Nummer zu deklarieren.
„Die Provenienz der Rohstoffe hat einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Farben.“
dei: Die Deklarationsnotwendigkeiten sind die eine Seite der Medaille. Die andere – wichtigere – ist die Anreicherung der Farbpigmente. Liegt nicht hier der Hauptunterschied zwischen beiden Farbgruppen?
Ortmann: Das ist richtig. Die Guidance Notes definieren erstmalig einen Anreicherungsfaktor als Unterscheidungsmerkmal. Bis zu einem Anreicherungsfaktor 6 gelten die Produkte als färbende Lebensmittel. Bei Faktoren größer 6 handelt es sich um Farben aus natürlichen Quellen, die als Farbstoffe zu deklarieren sind. Sie müssen daneben auch die von der EU für die jeweilige E-Nummer festgelegten Reinheitskriterien erfüllen.
dei: Woher bezieht Ihr Unternehmen die Rohstoffe für die Farben?
Ortmann: Das ist eine sehr wichtige Frage, denn die Provenienz der Rohstoffe hat einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Farben. Als global agierendes Unternehmen suchen unsere Experten nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt nach Rohstoffen, die unsere Vorgaben hinsichtlich Qualität und Verfügbarkeit erfüllen.
dei: Im Zusammenhang mit der Rohstoffbeschaffung fällt häufig der Begriff vertikale Integration. Was steckt hinter diesem Begriff?
Ortmann: Einige Rohstoffe beziehen wir ganz normal auf dem Weltmarkt. Bei anderen haben wir so detaillierte Qualitätsvorgaben, dass das nicht möglich ist. Wir arbeiten dann direkt mit den Erzeugern zusammen, die dann auch ein von uns vorgegebenes Saatgut verwenden. Zum Beispiel ist roter Rettich für uns ein sehr wichtiger Rohstoff, aus dem wir ein schönes, leuchtendes Erdbeerrot gewinnen. Störend ist allerdings der typische Rettichgeruch. Hier arbeiten die von uns zertifizierten Erzeuger mit speziellem Saatgut, das zu rotem Rettich mit hohem Pigmentgehalt bei gleichzeitig minimiertem Rettichgeruch führt. Hinter dem Begriff vertikale Integration steckt also ein System von Qualitätsparametern, das auf die Rohstofferzeugung fokussiert ist. Die Qualitätsparameter beziehen sich auf das Saatgut, die Anbaubedingungen und die erzeugten Rohstoffe, also Gemüse, Obst und essbare Pflanzen, aus denen wir später die färbenden Lebensmittel oder Farben gewinnen.
dei: Lassen Sie uns über die Farben Ihres Unternehmens sprechen. Eine Produktreihe heißt Colors from Nature. Welche Farbgruppen umfasst diese Produktreihe?
Ortmann: Unter dieser Dachmarke bieten wir sowohl färbende Lebensmittel als auch Farben aus natürlicher Quelle an. Letztere tragen den Namen Colors from Natural Sources. Die färbenden Lebensmittel vermarkten wir unter dem Namen Coloring Foodstuff from Nature.
dei: Welche Farbtöne deckt die Colors-from- Nature-Produktreihe ab?
Ortmann: Sowohl die färbenden Lebensmittel als auch die Farben aus natürlicher Quelle decken alle möglichen Farbtöne ab – von Gelb und Orange über Rot, Pink, Violett bis Grün, Blau und Braun. Die standardisierten färbenden Lebensmittel oder Farben bieten wir in flüssiger Form und als Pulver an.
„Die Anwendungsmöglich- keiten der Colors from Nature sind fast grenzenlos“
dei: Geben Sie einen kurzen Überblick über die Produkte, in denen die Colors-from-Nature-Farben eingesetzt werden können.
Ortmann: Die Anwendungsmöglichkeiten sind fast grenzenlos. Sie finden die Farben in Süßwaren wie Gummibärchen, in Eiscremes, Backwaren und natürlich auch in Getränken, beispielsweise in ACE- oder Near-Water-Drinks. Außerdem sind ausgewählte färbende Lebensmittel und Farben auch für die Verarbeitung in Koscher- und Halal-Produkten zugelassen.
dei: Stark nachgefragt sind Rottöne. Welche natürlichen Quellen nutzen Sie außer dem roten Rettich?
Ortmann: Hier gibt es eine sehr breite Rohstoffbasis. Wir nutzen beispielsweise Hibiskus, Holunder, schwarze oder lila Karotte, rote Beete und den bereits erwähnten roten Rettich.
dei: Als neue Rohstoffquelle haben Ihre Spezialisten die lila Süßkartoffel erschlossen. Welcher Rotton lässt sich aus dieser Kartoffelart erzeugen?
Ortmann: Ein einzigartiges, sehr ansprechendes Pink-Violett. Die farbgebenden Pigmente werden selektiv aus der Kartoffel extrahiert. Die Farbe aus natürlicher Quelle muss als Anthocyan mit der E-Nummer 163 deklariert werden. Sie weist eine gute Stabilität gegenüber Hitze, Licht und Säure auf.
dei: Auch Gelb und Orange sind Farbtöne, die in vielen Lebensmitteln und Getränken Einsatz finden. Aus welchen Rohstoffen gewinnen Sie diese Farben?
Ortmann: Das Gelb stellen wir beispielsweise durch Extraktion von Blütenblättern der Färberdistel her. Ein weiterer Rohstoff ist die Kurkumawurzel. Sie liefert ein öllösliches gelbes Farbpigment. Paprika und verschiedene Karottenarten bilden die Rohstoffbasis für Orangetöne. Als Farbe aus natürlicher Quelle bieten wir Formulierungen auf der Basis von Beta-Karotin an. Beta-Karotin kann u. a. durch Fermentation aus dem Pilz Blakeslea Trispora gewonnen werden.
dei: Zur Colors-from-Nature-Produktreihe gehören auch Blautöne. Für diese Farben verarbeiten Sie sicherlich Spirulina?
Ortmann: Ja, und zwar die Varietät Spirulina platensis. Die Algen werden ausschließlich zu färbenden Lebensmitteln verarbeitet. Mit spirulinabasierten Blautönen lassen sich zum Beispiel hervorragende Farbergebnisse in Süßwaren und Eiscremes erzielen. In Getränken können sie allerdings nicht eingesetzt werden. Außerdem mischen wir das kräftige Spirulina-Blau mit anderen färbenden Lebensmitteln und generieren so andere Farbtöne.
dei: Ende 2014 hat Wild Flavors & Specialty Ingredients die Rainbow-Produktreihe auf dem Markt eingeführt. Sie dient zum Färben von Süßwaren. Was unterscheidet diese Produktreihe von den Colors from Nature?
Ortmann: Bei der Rainbow-Range handelt es sich ausschließlich um färbende Lebensmittel, die wir für den Einsatz in Clean-Label-Süßwaren – einem für uns sehr wichtigen Wachstumsmarkt – optimiert haben. Sie werden in Fruchtgummis, Dragees sowie Weich- und Hartkaramellen eingesetzt. In öllöslicher Form lassen sich mit diesen Farben auch fetthaltige Produkte wie Überzüge, Füllungen oder Cremes färben.
dei: Welche Farbtöne deckt die Rainbow-Range ab?
Ortmann: Wie es der Name verspricht: sämtliche Farben des Regenbogens. Besonders hervorheben möchte ich die verschiedenen Grüntöne. Sie entstehen durch Kombination von Spirulina-Blau mit dem Gelb der Färberdistel. In Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis entsteht ein zartes Mintgrün, ein frisches Stachelbeergrün oder ein kräftiges Apfelgrün. Mit den verschiedenen Farbnuancen können Hersteller von Süßwaren verschiedene Geschmacksrichtungen optisch unterstreichen. Gleiches gilt natürlich auch für die vielfältigen Pink- und Violettnuancen. Sie entstehen durch Mischen von Spirulina-Blau mit der rotfärbenden Schwarzkarotte oder Hibiskus.
dei: Mit welchen Dienstleistungen flankiert Wild Flavors & Specialty Ingredients sein breites Farbportfolio?
Ortmann: Farben sind technologisch komplexe Produkte. One-fits-all-Lösungen gibt es nicht. Im Rahmen des Technical-Color- Service beraten unsere Experten die Kunden im ersten Schritt bei der Farbauswahl. Im zweiten Schritt kommen dann unsere Applikationsexperten zum Zuge. Sie helfen den Kunden bei der Anwendung der Farbe im konkreten Produkt. Das schließt die Fertigung von Produktmustern ebenso ein wie die Umstellung der Rezepturen und die Klärung der technologischen Rahmenbedingungen.
prozesstechnik-online.de/dei0415444

Nun Teil des ADM-Konzerns

> Zahlen und Fakten <

Im Sommer 2014 hat der US-Konzern ADM die Wild-Flavors-Gruppe gekauft. Eingegliedert wurde das deutsche Familienunternehmen mit seinen Produkten in den ADM-Bereich Specialty Ingredients. Es firmiert nun unter dem Namen Wild Flavors & Specialty Ingredients und beschäftigt weltweit 2400 Mitarbeiter. Für den ADM-Konzern arbeiten insgesamt 33 000 Menschen.
Wild Flavors & Specialty Ingredients entwickelt und produziert vor allem natürliche Ingredients für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Das Produktportfolio umfasst neben Aromen, Farben und Extrakten auch Grundstoffmischungen sowie Fruchtzubereitungen. Des Weiteren ergänzen traditionelle ADM-Specialty-Produkte wie Texturgeber, Ballaststoffe und Proteine das Programm.
Wild Flavors & Specialty Ingredients ist in Deutschland an den Standorten Heidelberg-Eppelheim, Nauen und Berlin aktiv. Grundstoffmischungen, sogenannte Compounds, vor allem für die Getränkeindustrie, werden in Heidelberg-Eppelheim produziert. In Nauen hat man sich auf die Herstellung von Fruchtzubereitungen spezialisiert, die beispielsweise in der milchverarbeitenden Industrie Einsatz finden. Berlin ist das Wild-Kompetenzzentrum für FTNF-Aromen, Extrakte sowie für färbende Lebensmittel und Farben aus natürlichen Quellen.
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de